Zu jedem Törn gehört unbedingt eine gewissenhafte Vorbereitung. Egal ob es nun ein Törn entlang der deutschen Ostseeküste oder über die sogenannte „Barfußroute“ in die Karibik handelt. Es werden immer verschiedene Anforderungen aus nautischer, logistischer, technischer oder psychologischer Hinsicht, an Skipper/in und Crew gestellt.
Ein besonderer Focus lag bei mir als Skipper oder später als Captain, immer auf der Sicherheit von Crew und Schiff. Je nach Seegebiet war und ist eventuell auch mit Piraterie zu rechnen. War in früheren Zeiten meiner Seefahrt ein Schwerpunkt die Straße von Malakka und Singapur, so hat sich die Anzahl der Gefahrengebiete wesentlich erweitert. So kamen als Schwerpunkte die Seegebiete vor der Küste von Somalia, der Westküste Afrikas vor Neuguinea, die Sulu- und Celebessee zwischen Borneo, Celebes und den Phlippinen und die Huthiangriffe im roten Meer dazu. Gemeldet wurden auch schon Angriffe auf Yachten in der Karibik, der südamerikanischen Küste und sogar kriminelle Aktionen auf Yachten im Mittelmeer.
In Deutschland wurde von der Bundespolizei, als verlässlicher Ansprechpartner, das MPZ Maritime Präventionszentrum eingerichtet. Dort werden die maritimen Gefahrenszenarien in die Kategorien – maritime Überfälle jedweder Art – , – Antreffen von Flüchtlingen auf See – und – geopolitische, zwischenstaatliche Konflikte / Ereignisse – unterteilt.
Piraterie:
Die Erscheinungsformen der Piraterie sind weltweit, lokal unterschiedlich zu betrachten. So sehe ich bei den Angriffen auf Handelsschiffe Lösegeldforderungen als überwiegendes Motiv. Bei den Yachten ist es primär die Erlangung von Geld und Wertgegenständen. Häufig wird hierzu auch massive Gewalt gegen die Crews eingesetzt. Nicht nur teils schwere Verletzungen, sondern auch Todesfälle waren zu beklagen.
Im Jahre 2024 stellten sich die Statistik wie folgt dar:
Angriffstypen:
Raub (34%), Einbruch (34%) und Diebstahl (28%)
Yachtsituation während des Angriffs:
vor Anker (72%), an der Mooring (9%), Marina (7%), auf See (6%) und andere (6%)
Meine Empfehlung lautet, sich vor Törnbeginn beim MPZ anzumelden und sich über die Sicherheitslage zu informieren.
Die meisten Segler/innen wissen um die Pirateriegefahr im Umfeld des Horns von Afrika, dem Somalia-Becken aus der Berichterstattung der Medien, jedoch nicht um die Gefahren bei einem Segeltörn durch die indonesischen oder südamerikanischen Gewässer, sowie der Karibik. In einigen Fällen erfolgten die Angriffe von örtlich vorbeikommenden Fischereibooten, welche dann die Besatzungen ausraubten.
Eingesetzte Waffen:
Pistole / Revolver (44%), Machete (16%), Messer (14%), Unbekannt (10%), Keine (10%), Sturmgewehr (3%), Schrotflinte (2%), Einbruchswerkzeug (1%)
Sportboote sind für Piraten eine leichte Beute, weil die Möglichkeiten für Abwehrmaßnahmen nur in geringem Maße realisierbar sind. Was können Segler/innen gegen solche Schreckensszenarien unternehmen? Komplett zu verhindern dürfte es wohl kaum möglich sein. Jedoch können bestimmte Maßnahmen in vielen Fällen zumindest evtl. eine Entführung verhindern.
Nachfolgend eine kurze Aufzählung von Möglichkeiten:
Gute Vorbereitung und Sensibilisierung für Gefahrengebiete
Überprüfung der sicherheitsrelevanten Ausrüstung
Vorbereitung eines einfachen Funkprotokolls, das wirklich jeder bedienen kann
Einbau technischer Präventionsmöglichkeiten (z.B. Bewegungsmelder, Gitter an Luken und Niedergang, Alarmanlagen)
Optionale Maßnahmen zur Verschleierung der Route, je nach Gefahrenanalyse
Verwendung von sogenannten Fake-Kostbarkeiten (billige Handys, Billigkopien von Wertsachen, Geldwährung von geringem Wert und mit hoher Inflation, usw.)
Flüchtlinge:
Bei Törns im Bereich der derzeit aktuellen Flüchtlingsrouten, im östlichen mediterranen Bereich, dem Ärmelkanal und der Atlantikroute zu den Kanarischen Inseln, müssen sich Crews ggf. auch mit dem Aspekt der zunehmenden Migration von Menschen auf offener See auseinandersetzen. Es stellt sich für verantwortliche Schiffsführer/innen die Frage nach korrektem seerechtlichen Verhalten. Wie die Hilfe aussehen soll rät das MPZ folgendes:
Wichtige Voraussetzung ist die Kenntnis über die Erreichbarkeit der zentralen MRCC (Maritime Rescue Coordination Centren). Hier haben sich die MRCC Teneriffa für die Atlantikroute und die MRCCs in Palma, Malta und Rom als hilfreich erwiesen.
Im Austausch mit anderen maritimen Partnern schlägt das MPZ folgende Verfahrensweise vor.
Beim Erkennen größerer Migrantenboote:
Abstand halten
Sofortige Meldung an das nächstgelegene MRCC über Position des Migrantenbootes mit Kursrichtung, grob geschätzter Personenzahl und Namen der eigenen Yacht
Erbitten von Anweisung zur weiteren Verfahrensweise
Dokumentation des Ereignisses (schriftlich Logbuch, Memofunktion Handy)
Das MPZ rät beim Erkennen von vereinzelter Migranten im Wasser:
Aufnehmen der Menschen
Sofortige Meldung an das nächstlgelegene MRCC mit Angabe der geretteten Personenzahl, Name der eigenen Yacht
Übergabe der Geretteten, wenn möglich auf See
Sollte die Vorgabe des MRCC erfolgen, einen Hafen anzulaufen, dann sofortige Information an die örtlichen Behörden (Hafenmeister)
Dokumentation des Ereignisses (schriftlich Logbuch, Memofunktion Handy)
Wegen der Komplexität und seerechtlichen Brisanz der Thematik empfiehlt das MPZ eine vorherige Kontaktaufnahme, um speziell auf die Bedürfnisse (Besatzung, Yacht, Route) eingehen zu können.
Noch von mir eine Anmerkung hierzu:
Die Brisanz des Themas ergibt sich daraus, dass fast ausnahmslos davon ausgegangen werden kann, dass es sich um einen seerechtlichen Notfall handelt bei dem für alle die Pflicht zur Hilfeleistung besteht. Auf der anderen Seite steht die in der Regel die sehr begrenzte Kapazität einer Yacht und im Weiteren das Risiko der Beihilfe zur illegalen Einreise in ein fremdes Hoheitsgebiet. Schiffsführer/innen müssen u. U. mit erheblichen strafrechtlichen Konsequenzen rechnen und können auch für enorme hohe Kosten verantwortlich gemacht werden.
Geopolitische zwischenstaatliche Konflikte /Ereignisse
Hier wird nur kurz ausgeführt, dass das MPZ in Zusammenarbeit mit den maritimen Behörden Handlungsempfehlungen für Segler/innen erstellt für das Befahren von Gefahrengebieten. Dies hat eine Relevanz bekommen wegen der weltweit zunehmenden Anzahl von zwischenstaatlichen Konflikten.
Das MPZ bei der Bundespolizei See unterstützt nicht nur die Berufsschifffahrt, sondern ist auch ein verlässlicher Ansprechpartner für alle Yachtsportler. Für Crews, welche ihren Törn planen, bietet das MPZ folgende behördliche Beratung an:
Workshops (Online und in Präsenz)
Handlungsempfehlungen für bestimmte Seegebiete
Erstellung individueller Gefährdungsbewertungen
Persönliche Beratungsgespräche
Möglichkeit des Mitplottens
Kontaktmöglichkeiten und weitere Quellen für wertvolle Informationen:
24/7 Service des MPZ
Tel.: +49 4561 4071 3333
E-Mail: BPOL.SEE.PPZ@polizei.bund.de
Weitere Quellen für wertvolle Informationen
www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/reise-und-sicherheitshinweise