Den sichersten Weg bis hierhin habe ich Ihnen schon stichpunktartig in den drei vorhergehenden Kapiteln aufgezeigt. Sollten Sie das alles aus den Kapiteln eins bis drei beherzigt haben, so steht dem ersten Chartern eigentlich nichts mehr im Wege. Da auch hier wieder Neuland betreten wird, hier im vierten Teil noch einige Hinweise.
Am Anfang sollte die Wahl des richtigen Reviers stehen, entsprechend der Erfahrung von Skipper/in und Crew. Aber auch hier ist zu bedenken, dass auch die naheliegenden, schönen Reviere, z. B. das Mittelmeer und aber auch die heimische Ostsee im Sommer, ihre Besonderheiten und Tücken haben können. Es können z. B. in der Ägäis der Meltemi, in Kroatien die Bora und in Frankreich / Italien der Mistral im Sommer erhebliche Probleme nicht nur für eine unerfahrene Crew mit sich bringen. Gerade die Vor- und der Nachsaison, wo die Charterpreise günstiger sind, kann verstärkt mit Wetterrisiken verbunden sein. In den hiesigen Sommermonaten, in der Hochsaison, kann es an den beliebtesten Küsten schon einmal sehr voll werden, was bedeutet, dass rechtzeitig ein Liegeplatz oder eine Mooringboje gebucht werden oder man sogar ankern muss.
Hat man schon ein Revier favorisiert, so soll man sich noch einmal zuvor die Frage stellen: „Bin ich den Ansprüchen, welche das Revier an mich als Skipper und meine potentielle Crew stellen könnte, soweit schon offensichtlich, schon gewachsen?“ Da ich die Sicherheit immer ganz hoch aufgehängt habe, empfehle ich, wenn die vorherige Frage mit „Nein“ beantwortet werden musste oder man unsicher ist, ein sogenanntes „Skippertraining“ dem ersten Törn vorzuschalten. Auf einem verlängerten Wochenendtörn oder ein Wochentörn mit anderen Einsteigern können Hafenmanöver, Ankern, usw. trainiert werden. Die Preise dafür liegen meist zwischen 500-700 Euro. Es ist gut investiertes Geld. Bei vielen Charterfirmen kann man auch für den ersten Chartertag, meist um die 250 Euro, einen Skipper buchen, der die Yacht und das Revier kennt. Aus meiner Jahrzehnte langen Erfahrung als Ausbilder, bis zu den höchsten Yachtsportlizenzen auf den Meeren der Welt, kann ich behaupten, dass der Sportbootführerschein See und auch nicht ein SKS Sportküstenschifferschein, wenn er nur mit den gesetzlich erforderlichen 300 sm erworben wurde, ausreichend sind, um als Skipper/in eine Yacht auf den Meeren sicher zu führen.
Skipper/innen welche das erste Mal chartern, sollten bei der Auswahl der Crew darauf achten nicht nur unerfahrene Crewmitglieder an Bord zu haben. Sie sollten möglichst „seefest“ sein, evtl. auch schon Reviererfahrung und zumindest einen Sportbootführerschein haben. Ein solches Crewmitglied kann man dann zum (inoffiziellen) Co-Skipper/in machen der/die dann bei der Übernahme der Yacht mithelfen und womit man sich bei der Navigation und der Route beraten kann. Das ändert aber nichts daran, dass die/der Skipper/in die alleinige Verantwortung hat. Häufig machen Charter-Einsteiger/innen den Fehler alles selbst machen zu wollen. Bestimmte Zuständigkeiten können auch delegiert werden. Hilfreich sind dabei Checklisten welche an die Crew verteilt werden. Dabei schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe. Bei der Übernahme werden Mängel und Fehlbestände offenbar und die Crew lernt die Yacht kennen. Es können bei dieser Gelegenheit auch schon Zuständigkeiten der einzelnen Crewmitglieder verteilt werden. Der/die Skipperin muss nicht alles selbst im Kopf haben. Nur beispielhaft sollen hier Kontrollen erwähnt werden wie, Frischwassertank-Füllstände, Seeventile, Luken, Kraftstofftank-Füllstände, Proviant, „Wo ist Was“ und wie funktioniert es? etc. Auch hier sollte es das Vier-Augen-Prinzip mit Skipper und Co-Skipper geben. Alles was bei der Übergabe nicht festgestellt, dokumentiert und gegengezeichnet wurde, kann als ordnungsgemäß übernommen gelten. Auch hier wird noch einmal auf eine Checkliste hingewiesen. Es wird dringend empfohlen ein Logbuch zu führen. Mit der Präzision der Eintragungen bestimmt man den Wert bei eventuellen späteren juristischen Verfahren. Im Yachthandel gibt es sie in verschiedensten Ausführungen. Es ist an keine Form gebunden.
Für den ersten Chartertörn ist darauf achten eine der Erfahrung angemessene Yachtgröße zu wählen. Für den Anfang sollte man eine Größe von etwa 40 Fuss (ca. 12 Meter) nicht überschreiten. Zwar ist man schnell geneigt, weil z. B. Freunde mitwollen oder die Familie mehr Mitglieder hat, eine größere Yacht zu wählen. Mit der Größe steigt aber auch der Anspruch den solch eine Yacht mit sich bringt. Sie braucht mehr Raum im Hafen bei Manövern, hat mehr Technik und es wirken stärkere Kräfte an Bord. Die Herausforderung an Skipper und Crew sind größer. Insbesondere wenn man bisher nur zur Crew einer Yacht gehörte und nicht selbst Skipper/in war.
Kommen wir nun zu den nicht unerheblichen Kosten, auf die hier nur stichpunktartig eingegangen werden kann. Dieser Punkt ist aber nicht zu unterschätzen. Nicht jede/r hat das Budget verfügbar, um diesen Faktor unbeachtet zu lassen. Hier ist zu nennen zuerst natürlich der Charterpreis, Reviergebühren wie z. B. das kroatische Permit oder Nationalparkgebühren, Aufpreise für Bettwäsche und Handtücher, Endreinigung, sowie der fast unverzichtbare Außenbordmotor. Zu dem Charterpreis ist dann evtl. noch die Flughafen-Transfer-Gebühr / der Taxipreis hinzuzurechnen. Dadurch kann sich der, evtl. erst einmal, günstige Preis erheblich erhöhen. Ich spreche da im europäische Raum, von 500-600 Euro. Wesentlich bezahlbaren gestaltet sich natürlich, wenn sich die Crew aus Einzelzahlern zusammensetzt und nicht alles aus einer Familienkasse bezahlt werden muss. Beim Aufzeigen der Kosten muss zwingend auch noch auf eine Kautionsversicherung und die Skipper-Haftpflichtversicherung (meist unter 100 Euro) hingewiesen werden, welche schwer kalkulierbare Risiken abdecken. Skipper sind dafür verantwortlich das Schiff unbeschädigt zurückzugeben. Da die Kautionssummen weltweit steigen, sollte dies durch eine solche Versicherung abgedeckt werden.
An dieser Stelle muss einfach, aus meiner eigenen Erfahrung aus der Anfangszeit meines Skipperlebens resultierend, einmal warnend der Finger gehoben werden. „Billig bleibt billig und kann teuer werden“. Das angebliche „Schnäppchen“ kann sich als „Urlaubskiller“ herausstellen. Wer sparen muss oder möchte, kann vor Beginn der Chartersaison / auch schon vor Jahreswechsel, bei seriösen, namhaften Vercharterern, durchaus Frühbucherrabatte bis zu 20% bekommen. Hier ist das Risiko sehr gering eine schlecht gewartete Yacht ohne jeglichen Service oder sogar einen „Seelenverkäufer“ zu bekommen. Meist wird schon beim Check-In deutlich was man gechartert hat. Aber dann ist es fast immer zu spät. Wer möchte schon gerne die gebuchten Urlaube der Crew abbrechen oder teure Rückflüge buchen müssen. Nicht zu vergessen, worauf unseriöse „Schnäppchenanbieter“ auch bauen, dass im Ausland Regressansprüche nur schwer juristisch durchsetzbar sind. Darauf setzen natürlich solche „Billiganbieter“. Deshalb meine eingangs aufgeführte Warnung: „Billig bleibt billig und kann teuer werden“.
Vor jedem Törn sollten Skipper/in und Crew immer eine Alternativroute vorsehen, denn manchmal klappt es nicht auf Grund von Wind und Wetter, fehlendem Liegeplatz oder weil die Crew an einer schönen Location einfach länger bleiben möchte. Für solche Fälle sollte der / die Skipper/in immer flexibel bleiben können und einen Plan B im Kopf haben, besonders bei längeren Passagen. Mein Grundsatz ist von jeher immer gewesen: „Kein Törn ohne Reserve!“ Damit meine ich den letzten Tag einer Törnwoche mindestens als Reservetag einzuplanen. Es ist besser kurz vor dem Rückgabeort evtl. einen Badetag oder eine Exkursion einzuplanen als bei widrigsten Bedingungen fahren zu müssen, weil sonst Konsequenzen wegen verspäteter Rückgabe drohen, was richtig teuer werden kann. Aus dem Vorgenannten in diesem Absatz resultiert auch, dass der tägliche Wetterbericht für den nächsten Tag ein „muss“ ist für die Törnplanung und vor allem die Sicherheit. Will man einen Eintagestörn machen, so hole man mindestens einen Dreitageswetterbericht ein und für einen Dreitagestörn eine Wochenvorhersage. Alles was darüber hinausgeht, geht in Richtung „Glaskugel-Leserei“ (Sage ich einmal unseriöserweise.) und ist für eine gute Törnplanung zu unsicher. Der Aspekt, dass eine höhere Wassertemperatur auch mehr Energie in die Atmosphäre bringt, was aus einer Schönwetterlage plötzlich eine Unwetterlage machen kann, sollte beachtet werden. Es geht nicht ohne tägliche Wetterabfrage und Einbeziehung in die Planung! Im Extremfall muss die Planung aus Sicherheitsgründen mehr oder weniger umfangreich geändert werden.
Hier nun noch ein paar Anmerkungen für die ersten Schritte ins Lebens des Charterns. Bisher wurde noch nicht die Psychologie an Bord erwähnt. Es ist von enormer Wichtigkeit wie Skipper/innen mit ihrer Crew umgehen. Dazu ist es erforderlich immer ein offenes Ohr zu haben, um sich schon früh ein Bild von jedem Crewmitglied zu machen, was die Charaktereigenschaften im Zusammenwirken im Team und die Leistungsfähigkeit an Bord betrifft. Aus Erfahrung erzeugt das enge Zusammenleben an Bord ein Spannungsfeld für welches der/die Skipperin sensible Antennen haben muss, bevor es „knallt“ unter Crewmitgliedern oder zwischen Skipper/in und Crew. Der Rat lautet: „Was möglich ist, rechtzeitig mit der Crew besprechen“. Ansonsten, z. B. bzgl. der Sicherheit, gilt Schiffsführerentscheid.